Ursprünglich war die Bauernschaft Uppenberg, das Gebiet des heutigen Kreuzviertel, durchzogen von den sogenannten Stiegen und von Feldwegen. Die Struktur der Stiegen und Wege war durch die Felder vorgegeben. Auf dieser Grundlage entstanden die heutigen Straßenzüge.
Größere Straßen
Die drei ersten größeren Straßen waren die Nordstraße als Feldweg nach Greven, die Coerdestraße als Feldweg zum Haus Coerde sowie die Finkenstraße, die hinter dem Friesenring in die Jahnstraße mündet. Ihre Verlängerung in die Innenstadt war die Hollenbeckerstraße. Heute heisst die Verbindung „Maikäferstiege“ (auch Finkengasse genannt).
Auch die Wermelingstraße (sie führte zum Haus Wermeling, ungefähr am Ende der jetzigen Langemarckstraße kurz vor dem Wienburgpark) sowie die Marienthalstraße und die Kinderhauserstraße, in die die Marienthalstraße früher mündete, wurden relativ früh gebaut.
Die Finkenstraße ist eine der ältesten Straßen, wenn nicht die älteste, und führte im Mittelalter als „alte Friesensstraße“ eben nach Friesland. Daran erinnert noch immer der Name „Friesenring“.
Einige „unberührte“ Stiegen sind heute noch vorhanden und passierbar:
Zwischen Ring und Kettelerstraße parallel zur Langenmarckstraße; Verbindung der Ulrich- und Kettelerstraße, die noch gegenüber als Sackgasse weitergeht; zwischen Heerde- und Lazarettstraße. Als Verlängerung der Zuhornstraße zur Coerde gab es auch eine Stiege, die heute nicht mehr existiert. Man kann aber ihre frühere Existenz an den Grundstückszuschnitten ablesen (s. Karte).
Einige in Sackgassen umgewandelte Stiegen zweigen u.a. von der Marientalstraße (altes Bild) und von der Schulstraße (6a) ab. Eine weitere schöne, alte Stiege geht von der Kellermannstraße 13 ab. Dort in der Einfahrt liegen noch alte Schienen, die dem Abtransport von Dünger und Pferdemist dienten. Im Inneren der Sackgasssenstiege stehen alte Stallungen, die heute Wohnhäuscchen sind und auch mal als Motorenfabrik dienten.
Ebenfalls zu erwähnen ist die Kleine Wienburgstraße, die in ihrer Form auch eine alte Stiege ist.
Aus Bauernland wird Bauland
Die „kleine“ Finkenstraße, die am RIK vorbei zum Ring führt, befindet sich auf dem letzten übrig gebliebenen Teil des Kamps von Bauer Molkenbuer. Er war ein Großgrundbesitzer aus der Bauernschaft Uppenberg / dem späteren Kreuzviertel, dessen Haus auf der Melchersstraße um 1745 gebaut wurde. Leider wurde es im Krieg zerstört. In diesem Bereich der Finkenstraße wurden bis zur Bebauung in den 1970ern noch Steckbohnen angebaut. Seine Ländereien reichten vom Ring bis zur Steinfurter Straße, bis zur Promenade und zur Mitte des Kreuzviertels, der Nordstraße. Unter Anderem befinden sich die Heerdestraße und die Melchersstraße auf dem alten Feld Molkenbuers. Sein Verkaufspartner war der Unternehmer Borchard, der 54 Häuser im Kreuzviertel baute. Er war es auch, der das Kreuz am Nordplatz stiftete. Siehe auch den Artikel „Vom Bauernland zum Bauland“.
Ebenfalls in dem Bereich des westlichen Gebiet war der Bauer Dreisielker ansässig, nach dessen Tochter die Gertrudenstraße benannt wurde.
Text von Gian-Luca Campisi, von Albert Bartel überarbeitet.
Fotos und Karten mit Markierungen von Albert Bartel
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8 Antworten auf „Die alten Stiegen“
Unter dem Foto der ‚Maikäferstiege / Finkengasse‘ ist im Text von einer Stiege ‚zwischen Heerde- und Lazarettstraße‘ die Rede, die aber im richtigen Leben nicht zu finden ist. Ist statt der Lazarett- die Kleimannstraße gemeint ?
Soweit ich das verstanden habe, gab es eine Stiege von der Lazarettstr. (kurz vor Heerestr. 32a) zur Heerdestr. selbst.
Der einleitende Text, auf den sich meine Frage bezieht, lautet : *Einige „unberührte“ Stiegen sind heute noch vorhanden und passierbar:‘ – bezeichnet wird also eine aktuelle Situation, weshalb die Frage offen bleibt.
Im vorletzten Satz wird das Haus Heerdestraße 30a (ehemals 34) als Hermann Borchards kleine Villa bezeichnet. Worauf stützt sich diese Zuordnung des 1870/71 gebauten einstigen Sommerhauses des berühmten Restaurateurs Louis Midy von der Bogenstraße?
Hier muss ich mal prüfen… Danke für den Hinweis.
Aber im Text ist kein Hausnummer angegeben und die Hausnummern dort tatsächlich kompliziert. Gemeint ist das Gebäude hinter der vorderen Reihe 32a/32/34.
Zur Klärung aktueller Hausnummerfragen empfehle ich den städtischen Plan, leicht erreichbar über: https://geo.stadt-muenster.de/map/ und wünsche viel Erfolg beim recherchieren.
Ihrem Hinweis folgend, habe ich dies im Text rausgenommen und im Artikel über das „Bauland“ dankend unter dem Foto ergänzt.
Super interessant, das wusste ich teilweise noch nicht, vielen Dank.
Gerne mehr davon.
Beste Grüße Uli Schmidt